Effizientere Bauteilentwicklung im Kokillenguss

Guss ist oft die beste Lösung, um Bauteile effizient zu fertigen. Gussteile erfüllen meist alle Kriterien hinsichtlich Stabilität und Gewicht. Außerdem verursacht der Gießprozess wenig Abfall – im Gegensatz zum Fräsen. Und im Gegensatz zur Herstellung von Bauteilen aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff sind die Werkzeugkosten deutlich geringer. Lange Entwicklungszeiten durch klassische Trial-and-Error-Methoden oder energieintensive Musterteile sind oft Ausschlusskriterien. Vor allem, wenn es schnell gehen und kostengünstig sein muss. Hier punkten Gießereien, die Gießprozess-Simulation einsetzen. Ein erfahrener Anwender kann beides minimieren, die Entwicklungszeit und die Anzahl energieintensiver Musterteile, sodass die Gießerei auch engste Zeitpläne einhalten und wirtschaftlich produzieren kann.

Zeitdruck kennen Gießer nur zu gut. In diesem Beispiel sollte ein hybrid betriebenes Löschfahrzeug des Herstellers Rosenbauer innerhalb von 2 Jahren entwickelt und produziert werden. Das Fahrzeug musste leicht und stabil sein, um die Anforderungen sowohl an die Sicherheit als auch an hybrid betriebene Fahrzeuge zu erfüllen. Ein leichtes Löschfahrzeug erhöht die Reichweite einer Akkuladung und die Agilität des Fahrzeuges, was vor allem im Stadtverkehr Vorteile bietet.

Die Fahrzeugentwickler entschieden sich dazu, die Türen als Gusskonstruktion zu entwerfen und den Rahmen zu gießen. Fräsen schlossen sie aus, da dabei zu viel Abfall entstehe und der Prozess zu langsam sei. Auch die Produktion der Türen aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff käme nicht in Frage, da die Werkzeug und Fertigungskosten zu hoch seien.

Mettec stand vor der Herausforderung, das Bauteil nicht nur innerhalb enger Fertigungstoleranzen, sondern auch in einem sehr engen Zeitfenster zu produzieren. Aufgrund der Begrenzten Stückzahl und, um kostengünstiger zu produzieren, entschieden sich die Gießer dazu, die Tür im Kokillenguss herzustellen. Als Grundlage diente ein CAD-Modell der „alten“ Tür.

Alte Türen schließen – Anpassung von Design und Speisertechnik

Das ursprüngliche Design des Rahmens enthielt ein X-förmiges Element, das die gesamte Tür stabilisieren sollte. Dieses Design war jedoch keine gussgerechte Konstruktion. Das bestätigten auch die ersten Simulationen. Die Ergebnisse zeigten, dass erhebliche Porosität zu erwarten war (Bild 1). Dies gefährdete die Stabilität der Türen und hätte die Ausschussrate während der Produktion erhöht. 

Bild 1: Die Simulationsergebnisse des ursprünglichen Türdesigns zeigten bereits: Das funktioniert so nicht

Bild 1: Die Simulationsergebnisse des ursprünglichen Türdesigns zeigten bereits: Das funktioniert so nicht

Mettec hatte die Möglichkeit, das Design anzupassen, solange Stabilität und Gewicht des Bauteils gewährleistet blieben und – was noch wichtiger war – der Zeitplan eingehalten wurde.

Die Experten entwarfen ein S-förmiges Design (Bild 2), um effizientere Speisungswege im Bauteil zu schaffen und die Porosität zu reduzieren. Durch diese Designänderung gelang es ihnen, die strukturelle Integrität des Bauteils zu gewährleisten und gleichzeitig Material einzusparen. Die Türen wurden leichter, kostengünstiger und blieben dennoch stabil.

Bild 2: Das neue Design sparte Material und trug dennoch zur Stabilität der Türen bei

Bild 2: Das neue Design sparte Material und trug dennoch zur Stabilität der Türen bei

Als Nächstes konzentrierte sich das Team darauf, die Speiserauslegung zu optimieren. Sie simulierten die Erstarrung mit zwei unterschiedlichen Anordnungen Bild 2, links: Gießlage 1; rechts: Gießlage 2). Die Simulationsergebnisse zeigten jedoch für beide Varianten Porosität im Bauteil, was in der Produktion zu Ausschuss führen oder die Stabilität des Gussteils beeinträchtigen könnte.

Um die Porosität zu reduzieren, kombinierten die Gießer beide Speiserauslegungen. Sie platzierten insgesamt 16 Speiser entlang des Rahmens und vergrößerten sie an den Stellen, wo zuvor die meiste Porosität aufgetreten war – vor allem dort, wo das innere S den Rahmen schneidet. Die Erstarrungssimulation mit dieser Anordnung zeigte bereits deutlich bessere Ergebnisse. Dennoch blieben einige wenige Bereiche, in denen mit Porosität zu rechnen war (Bild 3).

Bild 3: Die Anordnung der Speiser aus Bild 2 wurde kombiniert und einzelne Speiser wurden vergrößert. Dennoch waren die Experten mit dem Ergebnis nicht vollständig zufrieden.

Bild 3: Die Anordnung der Speiser aus Bild 2 wurde kombiniert und einzelne Speiser wurden vergrößert. Dennoch waren die Experten mit dem Ergebnis nicht vollständig zufrieden.

Um die Porosität vollständig zu vermeiden und so die Anforderungen an die Stabilität zu erfüllen, erhöhten die Gießer die Anzahl der Speiser am Rahmen, indem sie jeweils einen Speiser auf den breiteren Streben des S hinzufügten (Bild 4). Die Simulationsergebnisse bestätigten, dass diese finale Anordnung der Speiser es den Experten von Mettec ermöglichte, die Porosität im Gussteil nachhaltig zu verhindern. Mit diesem Wissen stellten sie eine Gussform für das optimierte Speisersystem her.

Bild 4: Finale Anordnung der Speiser. Diese Konfiguration ermöglichte es den Experten von Mettec, Porosität im Gussteil nachhaltig zu vermeiden.

Bild 4: Finale Anordnung der Speiser. Diese Konfiguration ermöglichte es den Experten von Mettec, Porosität im Gussteil nachhaltig zu vermeiden.

Neue Türen anpassen – Gussfehler beheben, Qualität produzieren

Bereits die ersten Serienteile konnten zur Bemusterung verwendet werden. Allerdings mussten die Gießer einzelne Gussteile aussortieren, da manche Bereiche schlecht ausgelaufen waren (Bild 5). Um den Defekt zu identifizieren, die Ursachen zu ermitteln und Gegenmaßnahmen zu definieren, simulierte Mettec den gesamten Prozess mit den realen Parametern. Die Simulation der Formfüllung (animiertes Bild 4) zeigte, dass im Bereich der mittleren Strebe eine kalte Schmelzefront entstand. Die Gießer vermuteten daher zunächst, dass es sich um Kaltlauf handelte.

Bild 5: Unter realen Gießbedingungen kam es zu Ausschuss

Bild 5: Unter realen Gießbedingungen kam es zu Ausschuss

Nach weiteren Untersuchungen konnten sie eine zu niedrige Kokillentemperatur und eine zu langsame Formfüllung als Ursachen ausschließen. Stattdessen verursachte eine unzureichende Entlüftung der Kokille den Defekt – der vermeintliche Kaltlauf stellte sich als Lufteinschluss heraus. Um den Fehler zu verhindern, integrierten sie ein Waffelmuster und zusätzliche Entlüftungsdüsen in die Kokille (Bild 6). Dadurch verlief die anschließende Serienproduktion fehlerfrei.

Bild 6: Ein Waffelmuster und zusätzliche Entlüftungsdüsen beseitigten die Defekte, sodass die Produktion fehlerfrei fortgesetzt werden konnte

Bild 6: Ein Waffelmuster und zusätzliche Entlüftungsdüsen beseitigten die Defekte, sodass die Produktion fehlerfrei fortgesetzt werden konnte

Fehler schnell beheben – und nachhaltig vermeiden

Die Fahrzeugentwickler hatten anfänglich befürchtet, dass die Gussteile in dem engen Zeitfenster nicht robust ausgelegt oder sogar produziert werden könnten. Ihre Befürchtungen traten nicht ein: Die Gießer schafften es, das Design des Bauteils in kürzester Zeit so anzupassen, dass es mit weniger Material genauso stabil blieb. Sie entwickelten einen robusten Gießprozess und behoben unerwartete Fehler, ohne den Zeitplan zu gefährden. Dadurch profitierten die Fahrzeugentwickler von einem Prozess, der sowohl Kosten als auch Zeit einspart.

Schließlich ließ sich ein leichtes Gussteil produzieren, das der Feuerwehr hilft, schneller zum Einsatz zu gelangen. Die Gießprozess-Simulation war entscheidend, um zügig einen robusten Produktionsprozess zu erhalten.